GIRO DI´BERGAMO, 23/05/17, Zeichenworkshop, 4. Tag, Königsetappe und dreifacher Fluchtversuch
Versprochen war für diesen Tag die Begegnung der III. Art. Durch die Anwesenheit von reichlich Türmen und steilen Strassen war ab nun auch der 3. Fluchtpunkt gefragt. Zuvor aber portraitierten wir einen historischen Waschstand aus Marmor. Diese steinerne Ansammlung von Waschbecken war eine dankbare Fingerübung, um Fluchten zu üben. Nach dieser Perspektive zum Aufwärmen stand die Besteigung des Stadtturms an. Jeder setzte 5 € Eintrittsgeld auf das Ge- oder Misslingen einer Perspektive aus der Sicht der Vögel.
Von oben herab hatte man einen perfekten Blick auf die Piazza Vecchia und das dahinter sich wellende Häusermeer der Altstadt. Der Blick weitete sich bis zum Alpenkamm. Nach einer theoretischen Einführung postierten wir uns, an allen zugänglichen Schießscharten, in alle Himmelsrichtungen, und begannen auf die unter uns liegende Stadt zu zielen. Ein jeder für sich versuchte im Gewirr der Dächer die Nerven zu behalten.
Direkt danach der Perspektivwechsel um 180° im Blickwinkel, von unten nach oben.
Auf unsere Stühlchen gekauert hockten wir am Fusse eines puristischen Stadtturms und knickten unsere Hälse nach oben. Nun galt es ein breites Volumen in die Höhe schrumpfen zu lassen. Für dieses Mal beunruhigten wir die deutsche Besitzerin einer Boutique, die fürchtete, das zeichnende Prekariat würde Kundinnen abschrecken. Eigentlich aber waren wir ein Anziehungspunkt für viele neugierige Menschen, die gerne bei uns stehen blieben und zusahen.
Für den Abend hatten wir uns zum gemeinsamen Abschiedsessen verabredet und danach wollten wir eine nächtliche Stadtansicht zeichnen. Ein traditioneller Bestandteil meiner Zeichenreisen. Die Gruppe hatte eine nette Trattoria ausfindig gemacht. Der Besitzer hatte uns schon in der Stadt beim Zeichnen beobachtet und hatte seinen Spaß mit unserer Multinationalen Gruppe.
Da die Studenten den zentralen Platz, die Piazza Vecchia, noch nicht selbst gezeichnet hatten und dieser Platz nachts feierlich beleuchtet wurde, wählten wir ihn als Motiv. Eine helle Marmorfassade vor schwarzem Himmel, dunkle Nachbarbauten und ein warm beleuchteter Stadtbrunnen in der Mitte waren im Blickfeld. Nachts sind alle Lichtverhältnisse umgekehrt zum Tag. Das Licht kommt fast immer von unten. Bei diesen Nachtansichten muss man sehr viel Bleistift auf das Papier auftragen, unsere Finger wurden immer schmutziger. Eigentlich wuschen wir unsere Hände mehrmals während einer Zeichnung. Anders ließ es sich nicht verhindern, dass die Blätter ansonsten langsam in einem grauen Brei versunken wären. Aber, nach mehreren Tagen intensiven Zeichnens hatten fast alle schwarze Fingernägel und tätowierte Handrücken.
Gegen 0:00 Uhr wurden wir fertig und gingen schnell heim, um unsere Koffer zu packen.
Am nächsten Morgen mussten wir unsere Wohnungen übergeben.
Hier sind doch Kommentare…. Oder hab‘ ich Deine Frage falsch verstanden?
Weiß ich, ist mir doch gestern noch gelungen 🙂